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Historie

Die erste Dokumentation über Cracau
und damit über die Kirchengemeinde St. Briccius ist aus dem Jahre 1166 die Bestätigung und Präzisierung einer Urkunde des Dompropstes Gerhard durch den damaligen Erzbischof Wichmann, die bereits 1158 durch den Dompropst an die Lokatoren Burchard und Simon ausgestellt worden war. Sie sollten dieses Gebiet am rechten Ufer der Elbe besiedeln, sichern und die Christianisierung festigen. Im Mittelalter folgten viele Niederländer - Flamen, Holländer, Seeländer, Brabanter, Rheinfranken und Friesen - den Angeboten der Lokatoren und verließen ihre Heimat, die von Kriegen, Überflutungen und zahlreichen Hungersnöten geplagt war. Sie erhielten Eigentum, behielten die Rechte aus dem Herkunftsland und verpflichteten sich, in den neuen Dörfern feuchte Landschaften zu kultivieren und Kirchen zu bauen.
 
Nach dem Kirchenrecht in dieser Zeit wurde für jeden Altar das Vorhandensein von Reliquien vorgeschrieben. Diese wurden im Allgemeinen als Teile dem Reliquienbestand der Domkirchen entnommen. So benannten die Cracauer Siedler die Kirche, die in ihrer neuen Heimat gebaut wurde, nach St. Briccius, der in ihrer alten Heimat sehr verehrt wurde. Es gibt jedoch drei Heilige mit diesem Namen. Dies geht aus der Originalurkunde von 1166 hervor, in der Erzbischof Wichmann eine Reliquienschenkung an das Kloster Ichtershausen veranlasst. Da diese Urkunde erhalten geblieben ist, gibt sie Auskunft darüber, dass im Domschatz von Magdeburg Reliquien dreier Heiliger mit dem Namen Briccius vorhanden waren. Dies war Voraussetzung dafür, dass eine neu gebaute Kirche dem Patronat des Heiligen gewidmet werden konnte. Welcher der drei Briccii der Patron der Cracauer Kirche ist, konnte nicht eindeutig ermittelt werden.
Stand die St. Briccius Kirche Cracau schon immer an diesem ihren Platz, an dem wir sie heute finden und der uns so vertraut ist?                                                  
Ausgangspunkt für diese Frage ist die Aussage von Willi Otto Riecke in der Chronik von Prester und Cracau von 1932 und vieler Autoren nach ihm, dass die St. Briccius Kirche im 12. Jahrhundert ursprünglich etwas südlicher an dem Standort Burchardstraße 16 gebaut worden sein soll. Zu den Vorbereitungen der 850 Jahrfeier wurde diese Aussage überprüft und festgestellt, dass die St. Briccius Kirche schon im 12. Jahrhundert an dem jetzigen Standort gebaut worden ist. Da jedoch keine schriftlichen Dokumente mehr existieren, konnten nur „steinerne Zeugen“ Auskunft geben. Die St. Briccius Kirche ist eine typische Breitturmkirche wie sie im 12. und 13. Jahrhundert im Zuge der Christianisierung in den Dörfern der Altmark und östlich der Elbe gebaut wurden. Sie befindet sich im Zentrum des alten Dorfes Cracau an dem wichtigen Handelsweg nach Osten, dem Klusdamm. Turm, Kirchenschiff, Friedhof und Kirchhofsmauer bilden eine Einheit und wurden zusammen geplant und errichtet. Die Bestattung der Toten musste auf dem Friedhof um die Kirche erfolgen. Dieser Friedhof wurde schon seit Jahrhunderten als Erbbegräbnisstätte genutzt. Dadurch wurde er immer höher und die Kirche liegt tiefer als der alte Friedhof.
Die Kirche ist in Ost-West-Richtung angelegt, d.h. die Apsis zeigt nach Osten, der Turm nach Westen.
Der wuchtige West-Querturm aus Quarzit Bruchsteinen vermittelt noch deutlich romanische Merkmale. Er war kein Wehrturm, sondern wurde von Beginn an als ein Kirchturm mit Schutzfunktion für die Bevölkerung in Not konzipiert. Ursprünglich hatte der Turm keinen äußeren ebenerdigen Eingang. In das Untergeschoß des Turmes kam man nur durch das Kirchenschiff, das ursprünglich jeweils einen Eingang auf der Nord- und auf der Südseite hatte. Diese wurden 1908 als Fenster umgestaltet und ein Westportal in den Turm eingebaut. In die höheren Etagen des Turmes gelangt man auch heute noch nur durch eine Einsteigetür, die sich in siebeneinhalb Metern Höhe befindet und die durch ein Querbalkenschloss verriegelt werden konnte. Bei Gefahr konnte die Bevölkerung dorthin „türmen“, und hinter dem hohen „Lauerloch“ auf die Feinde warten und diese abwehren. Im Turm wütete, wahrscheinlich bei den Angriffen im 30jährigen Krieg, ein Feuer mit sehr hohen Temperaturen. Dadurch sind die Quarzitsteine im Turm rot gefärbt und das Äußere der Steine abgeplatzt. Durch die enorme Dicke der Turmmauern (1,90 m) wurde dieser dadurch jedoch nicht zerstört. Das ursprüngliche Schiff hatte ebenfalls sehr dicke Mauern (0,95 m), wurde im 30jährigen Krieg jedoch stark zerstört und 1661 wieder neu in dem Stil des 17. Jahrhunderts aufgebaut. Da zu dieser Zeit keine so dicken Mauern mehr erforderlich waren, konnten die Fenster größer und mit arkadenartigen Rundbögen gestaltet werden.
Ein unaufdringlicher, aber deutlicher Blickfang ist der Kanzelaltar. Fachleute sagen, Gestaltung und Bemalung machen deutlich: Dieser Kanzelaltar stammt aus der Zeit des Spätbarock, wurde also in der zweiten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts für das 1661 nach dem 30jährigen Krieg neu wieder aufgebaute Kirchenschiff gefertigt; von wem und in welcher Werkstatt ist nicht überliefert. Seine Gestaltung ist schlicht. Keine Engelfiguren, keine biblischen Gestalten, keine Wappen schmücken ihn. Die Taube als Symbol für den Heiligen Geist, im Kanzeldeckel aufgemalt, ist der einzige bildliche Schmuck.
   
In der Kirche befindet sich eine Taufe im Stil des Kanzelaltars. Ob sie aus der gleichen Zeit wie der Altar stammt, ist unklar; die sechs gleichen, künstlerisch nicht sehr wertvollen Engelsköpfe lassen eine spätere Zeit vermuten. Auf die Taufe wird bei Taufgottesdiensten eine in Messing gearbeitete Taufschale aus dem Jahre 1794 gestellt.
Auf Christus als die Mitte unseres Glaubens weisen auch die vier Glasfensterbilder in unserem Altarraum hin. Sie passen sich in ihrer figürlichen und farblichen Gestaltung der schönen Schlichtheit des ganzen Kirchenraumes an. Dezent sind die Farben der je für ein Fenster gestalteten Christus-Symbole. Sie wurden von Kunsthandwerkern einer Quedlinburger Glaswerkstatt in den 40er Jahren des vorigen Jahrhunderts, kurz nach dem 2. Weltkrieg gestaltet.
Die Orgel wurde 1960 von der Firma Schuke aus Potsdam hergestellt. Sie klingt zu allen Gottesdiensten und Kirchenkonzerten und lässt besonders zu den hohen Festen ihre 12 Register in vollem Werk ertönen.
 

Seit 2013 hat die Kirche wieder drei Glocken. Eine Glocke aus dem Jahre 1925, die alte Glocke aus der St. Immanuel Kirche Prester von 1695 und eine 2012 neu gegossene Glocke.
Die lange und wechselvolle Geschichte der St. Briccius Kirche und des Dorfes Cracau wurde intensiv untersucht und in diesem Buch veröffentlicht. Im Gemeindebüro ist es käuflich zu erwerben.
Evangelische Kirchgemeinde St. Briccius und Immanuel, 39114 Magdeburg-Cracau - Babelsberger Str. 2

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